Freitag, 4. November 2016
Liebe und Karriere
Es gäbe sicher passendere Orte für diesen Rant, aber in Ermangelung von Möglichkeiten nutze ich nun diese Plattform, um der Welt zu sagen: Ich finde, es muss mehr gesellschaftsfähige Lebenspläne geben als Liebe/Partnerschaft/Familie und Karriere/Beruf/Geldmachen. Ich habe seit einigen Wochen den Eindruck, dass die Menschen (zumindest die in meinem Umfeld) immer nur das eine oder das andere verfolgen.
Da ich mit einer Psychomacke ausgestattet bin und meine ganze Energie brauche, um meinen Alltag auf die Reihe zu kriegen und nicht verrückt zu werden, kann ich derzeit beides nicht ohne Weiteres verfolgen. Das scheint mich als Mensch irgendwie zu disqualifizieren.
Alle sind so mit ihrem persönlichen Glück beschäftigt. Ich gönne ihnen das. Es ist toll, Geld zu verdienen, es ist toll, einen Mann oder eine Frau an seiner Seite zu haben, der/die für einen da ist und mit dem/der man alles Schöne erleben kann. Aber ich möchte nicht "übrig" bleiben. Wozu hat man einen Freundeskreis, wenn keiner mal nach einem fragt, wenn alle nur damit zu tun haben, ihr Leben mit ihren Lebenspartnern zu planen? Ich bin mit einigen meiner Freunde an die 20 Jahre befreundet, und dann kommt irgendso eine Person vorbei, in die sich verliebt wird, und plötzlich ist alles anders, und ich darf mich nichtmal beschweren, weil es ja gut und richtig so ist und ich mich auch tief im Herzen eigentlich für alle freue, dass sie so glücklich sind. Vielleicht ist es das Alter, vielleicht sind wir einfach keine 21 mehr, wo Freunde das wichtigste im Leben sind und man sich nichts Größeres vorstellen kann als seine Gruppe von Leuten, mit denen man gerne herumhängt. Vielleicht ist es auch meine Krankheit, vielleicht bin ich zu anstrengend geworden, weil ich ja nichts Anderes mehr zu erzählen habe als Geschichten aus der Arztpraxis, der Klinik, meinem kaputten Innenleben. Ich weiß es nicht, aber irgendwie bin ich gerade schrecklich unzufrieden.
Wenn es Liebe und Karriere gerade als Optionen nicht gibt, worauf kann ich dann hinarbeiten? Oder ist das gerade nur die Depression, die mir einredet, es gäbe nichts Anderes, wofür es sich zu leben lohnt?

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Mittwoch, 2. November 2016
Zu Hause
Ich bin wieder zu Hause und hab schreckliche Angst, bzw. empfinde das hier als große Überforderung. Meine Wohnung kommt mir total vollgestopft und rumpelig vor, im Vergleich zum schön aufgeräumten, sterilen Klinikzimmer. Es fühlt sich seltsam an, dass mir keiner sagt: Tu dies, tu das, jetzt wird gegessen, jetzt ist Therapie, jetzt ist Freizeit. Der Koffer muss ausgepackt werden, am liebsten würde ich ihn einfach aus dem Fenster werfen. Weg mit dem ganzen Zeug! Lasst mich hier allein vor mich hin schmoren! Aber nein, ich geh gleich schön brav einkaufen und so.

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Dienstag, 1. November 2016
Abschlussbericht: Pälzisch babbele in acht Woche
Ich sitze in der Sonne am Hotspot und bin ganz froh, mal allein zu sein. Ich kann den Abschied hier so schlecht aushalten. Alle sind so nett und lieb, alle haben mir was geschenkt oder gesagt oder mich einfach umarmt, und ich kann das gar nicht ertragen. Acht Wochen im menschlichen Zoo waren einfach zu viel. Ich mag ja gerne Gesellschaft, aber ich fühle mich gerade wie ausgepumpt.

Der Pfleger, bei dem ich meinen Zimmerschlüssel abgegeben habe, hat gefragt, wie meine Bilanz ist. Ich sagte nur, ich wisse es noch nicht. Einerseits hatte ich hier in der Klinik meine längste stabile Phase seit langem. Mir ging es zwischenzeitlich tatsächlich mal GUT. Und dann kam wieder der große Absturz. Vor diesen Abstürzen habe ich jetzt Angst, wenn ich nach Hause komme. Ich weiß, ich habe ein sehr gesundes Potential in mir. Aber wenn einfach alles immer wieder unterbrochen wird von einem Crash, der das alles zu Boden wirft, was ich mir aufgebaut hatte, von diesem unsagbar kotzigen Morgentief, gegen das ich mich machtlos fühle, dann frage ich mich manchmal auch, was nützt mir das.
Die Therapeutin hier hat gesagt, lassen Sie jetzt mal alles auf sich zukommen. Das werde ich versuchen. Gleich nehme ich mein letztes Klinikmahl ein und dann geht es Richtung Bahnhof.
Die Stimmung: nachdenklich
Das Ziel: Selbstliebe und -sorge
Der Abschied: sehr traurig
Letzte Worte: Ajo

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