Donnerstag, 25. Juli 2019
Zweiflerding und Säuferglocke
Sehr geehrte Expertinnen und Experten. Nun ist es also so weit, das Experiment "Leben ohne Medikamente" wird zum dritten Mal angegangen.
In der Vorphase wurden Forschungsgelder akquiriert, denn das Leben in Unsicherheit ist teuer und aufwendig. Es müssen alle Eventualitäten finanziell abgesichert werden (Versuchsperson schafft es nicht, zu kochen und muss dreimal pro Woche essen gehen, VP benötigt Taxi nach Hause wegen Angst in der Öffentlichkeit, VP muss Urlaubsreise kurzfristig absagen und die Stornogebühren tragen, etc.). Dieses Vorgehen hat sich in den ersten beiden Testläufen bewährt und wurde daher auch diesmal weitläufig eingeplant.
Zudem wurde ein ausführliches Begründungsschreiben an das betreuende wissenschaftliche Team (1 Psychotherapeutin, 1 Psychiaterin, 1 Heilpraktikerin, 1 psychologischer Berater, 1 Sozialberaterin) verfasst, in dem ausführlich die Notwendigkeit der Durchführung des Experiments dargelegt wurde. (VP hat Nebenwirkungen, VP hat die Nase voll.) Die medizinische Unversehrtheit der VP musste hierin bestätigt werden. (Psychische Unversehrtheit lag nicht vor.)
Das Expertenteam äußerte deutliche Zweifel, die sich auf die Versuchsleitung (in diesem Fall =VP) übertrugen. Da der Antrag jedoch von der Mehrheit des Teams angenommen wurde, findet das Experiment trotzdem statt. Es ist derzeit noch nicht abschätzbar, ob sich die Zweifel als Störvariablen auswirken werden, jedoch wird dies seitens der Versuchsleitung stark angenommen und ist somit fest im Versuchsdesign als wahrscheinliches Szenario einkalkuliert.

Die ersten Versuche fanden unter Laborbedingungen statt. Eine Ausweitung aufs Feld soll schrittweise stattfinden. Das Within-Subject-/Längsschnittdesign schließt Non-Responsiveness geradezu aus. Wir können also in jedem Fall mit einer Antwort auf die Forschungsfrage rechnen. Mögliche Störvariablen wie Alkoholkonsum sind aus dem Design herausgerechnet. (VP und Versuchsleitung sind sich einig, dass ausgerechnet diese Variable im Verlauf des Experiments vermutlich dringend wieder eingerechnet werden muss.)

Nach etwa einer Woche wurde die VP das erste Mal ins Feld gesendet, allerdings noch unter geschützten Bedingungen. Aktuell können der Öffentlichkeit noch keine Beobachtungen der ersten Testphase zur Verfügung gestellt werden. Die Pressestelle des Forschungsinstitut gab lediglich bekannt, dass die VP unversehrt ist und die Forschungsgelder verantwortungsvoll zentral verwaltet werden.

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